von Balz Bruder – AZ, 5. November 2018

Die Erlebnismesse für Schülerinnen und Schüler und andere gescheite Leute in der Reithalle in Solothurn hat am Montag gestartet. Sie will dem Fachkräftemangel entgegenwirken und geht spannende Wege.

Mit Steinen sind nicht solche gemeint, die zu Mauern aufgeschichtet werden, sondern die tausend Technikteile, die an der zweiten Austragung der tunSolothurn.ch zusammengebaut werden.

«Wir erwarten bis Ende Woche rund 5000 Besucherinnen und Besucher», sagte Daniel Probst, Direktor der organisierenden Solothurner Handelskammer, an der Eröffnung. Allein 3300 Schülerinnen und Schüler nehmen mit ihren Klassen teil. Aber auch Eltern, Grosseltern, Verwandte und Freunde sind an der Messe willkommen.

Alterung der Gesellschaft und Fachkräftemangel

«Leuchtende Kinderaugen sind eine Motivation an sich», sagte Probst zu den geladenen Gästen, «aber das reicht für sich allein natürlich trotzdem nicht.» Die Handelskammer leiste mit den über 50 Firmen und Organisationen, die an der tunSolothurn.ch beteiligt sind, «eine Investition für übermorgen», führte Probst aus. Und nahm dabei Bezug auf die zunehmende Alterung der Gesellschaft ebenso wie auf den sich akzentuierenden Fachkräftemangel. Beides übrigens Phänomene, die sich im Kanton Solothurn nach Aussage von Probst besonders deutlich manifestieren.

Umso wichtiger sei es, Primarschülerinnen und -schüler für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu begeistern und die Basis für die spätere Berufswahl zu legen. Gerade in einem Kanton, der keine eigene Fachhochschule Technik oder Life Sciences und auch keine Universität hat, sei dies besonders wichtig, meinte Probst. Wohlwissend, dass es damit nicht getan ist: «Die Erhaltung des Humankapitals durch Weiterbildung ist das grosse Thema danach», sagte der Handelskammer-Direktor.

Wie es sich damit bei Queen Elizabeth II. verhält, ist im Detail nicht bekannt. Nur so viel: Sie absolvierte im Krieg eine Automechaniker-Lehre und brachte es danach auf den Thron. Für Probst ein Beweis, dass man es mit einem Technik-Beruf weit bringen kann. Zum König wird es Bildungsdirektor Remo Ankli zwar nicht mehr bringen, aber sein Theologiestudium führte ihn immerhin in den Regierungsrat. Und es sei durchaus nützlich, meinte er schmunzelnd. Jedenfalls sei die Unterstützung des Heiligen Geists in der Regierungssitzung zuweilen durchaus nützlich.

Wie dem auch sei: 550 Jahre nach dem Tod von Johannes Gutenberg, dem Erfinder des modernen Buchdrucks, ist mit der Digitalisierung eine neuerliche industrielle Revolution in Gang, deren Ausmass und Auswirkungen kaum abzuschätzen sind. Klar ist für den Bildungsdirektor deshalb: «Es braucht Vorleistungen und Investitionen in der Schule, um die Kompetenzen zu erlangen, die es braucht, um die Veränderungen zu verstehen und mit ihnen umgehen zu können.» Dass sich Schule und Wirtschaft an der jüngsten tunSolothurn.ch wiederum auf eine unkomplizierte und direkte Art begegneten, begrüsse Ankli vor diesem Hintergrund sehr.

Übrigens: Die tunSolothurn.ch ist bei ihrer zweiten Austragung erheblich gewachsen. Waren 2016 13 Firmen mit 31 Experimenten vertreten, sind es 2018 20 Firmen mit 36 Experimenten. «Wir platzen aus allen Nähten», sagte Handelskammer-Direktor Probst – und meinte dies durchaus als Zeichen für den Erfolg der Erlebnisschau. Die Chancen, dass sie 2020 zum dritten Mal über die Bühne gehen wird, dürfen denn auch als gut bezeichnet werden.

Was insbesondere die Primarschülerinnen und -schüler freuen dürfte: Sie löteten, hämmerten, schraubten und konstruierten, dass es eine Freude war. Und manch einer der Eröffnungsgäste mag für sich gedacht haben: Also, wenn ich noch einmal wählen könnte, was ich in meinem Leben mache.