«Die Einführung des Lehrplans 21 wird im Kanton Solothurn frühestens auf das Schuljahr 2018/19 erfolgen»: Das sagte Bildungsdirektor Remo Ankli gestern in seinem Grusswort an die versammelte Lehrerschaft am Kantonalen Lehrertag in Olten.

Damit lässt sich das Solothurner Bildungsdepartement ein Jahr länger Zeit als bisher in Aussicht genommen: Noch im Juni hatte Ankli im Kantonsrat die Einführung «frühestens auf Schuljahr 2017/18» angekündigt. Auf Nachfrage begründete Ankli gegenüber der «Nordwestschweiz» den zusätzlichen Zeitbedarf damit, dass der Erziehungsdirektorenkonferenz der Deutschschweiz im Oktober noch nicht der gesamte Lehrplan 21 in seiner definitiven Fassung zum Beschluss vorliegen werde – das umstrittenste Kapitel werde ihr erst im März 2015 unterbreitet. Damit brauche auch eine Umsetzung im Kanton mehr Zeit. Und: «Ich sehe überhaupt keinen Grund, die Einführung zeitlich besonders voranzutreiben», so Ankli.

Tatsache ist, dass sich die Nachbarkantone Solothurns über den Einführungszeitpunkt des Lehrplans 21 überhaupt nicht einig sind – die Spanne der letzten Ankündigungen reicht von 2015/16 in Basel-Stadt bis 2020/21 im Aargau. Noch hängig ist zudem im Kantonsrat ein Auftrag Beat Künzli (SVP, Laupersdorf), der die Einführung des Lehrplans 21 ganz verhindern will; Regierungsrat und Bildungskommission lehnen dies ab. Zustimmend zitierteAnkliamLehrertageine Frage von Karl Frey aus dem «Schulblatt» von 1988: «Warum müssen Lehrplandiskussionen stets so verbissen geführt werden?»

«Nicht dauernd Seilziehen»

Vom Verband Lehrerinnen und Lehrer Solothurn (LSO) hat der Bildungsdirektor kaum Druck für möglichst viele und schnelle Reformen zu erwarten: LSO-Präsidentin Dagmar Rösler forderte von der Politik im Gegenteil ausdrücklich «Konstanz, Beständigkeit, Vertrauen und Zeit» für die Volksschule. «Wir wollen nicht monatlich oder jährlich dem Seilziehen zwischen Links und Rechts ausgesetzt sein», betonte sie gestern in ihrer staatsmännisch ausgewogenen Rede am Lehrertag.

Zum Lehrplan erklärte sie, das Konzept der Kompetenzorientierung müsse nun greifbar gemacht werden. In Geschichte etwa könne auf Wissen nicht verzichtet werden. «Der Lehrplan 21 kann nur gelingen mit den nötigen finanziellen Mitteln», gab sie den Politikern zu bedenken.

«Beständigkeit» heisst für Rösler allerdings auch, die einmal beschlossenen Reformen nicht ständig wieder infrage zu stellen, wie es bei der Speziellen Förderung passiere: Seit dem Grundsatz-Ja im Jahr 2007 hätten nicht weniger als sechs Vorstösse im Kantonsrat auch in der Lehrerschaft zu einer nie da gewesenen Verunsicherung, ja zum Zerwürfnis geführt. «Manchmal sollte man nach A auch einmal B sagen», meinte sie. Der LSO sei zurzeit daran, die Ergebnisse regionaler Delegiertenkonferenzen zur Speziellen Förderung auszuwerten.

Gegen Hauruck bei Fremdsprachen

Zur aktuellen Unsicherheit um den Fremdsprachenunterricht meinte Rösler, der LSO habe die überzogenen Erwartungen an die Vorverlegung von zwei Fremdsprachen an die Primarschule nie geteilt. Es gebe zwar gute Gründe, Englisch erst auf der Oberstufe zu beginnen, doch sei ein «Abschiessen» von Englisch ab der 5.Klasse nach nur zwei Jahren auch wieder ein Hauruck. Das Ziel formulierte Rösler aber klar: «In der kleinen Deutschschweiz muss es möglich sein, in allen Kantonen gleichzeitig mit der ersten Fremdsprache zu beginnen. Und zwar mit einer Landessprache.» Wenn Schüler aus dem Aargau, der mit Englisch beginnt, in den Kanton Solothurn zögen, so benötigten sie Unterstützung in Französisch, und ihr Englisch bleibe liegen: «Diese Konzeptlosigkeit kommt uns alle teuer zu stehen.»

Deutliche Seitenhiebe verteilte die LSO-Präsidentin an die Adresse der Wirtschaftsverbände: Diese forderten von der Volksschule perfekte Schulabgänger(innen) für die Berufsbildung, seien dann aber die Ersten, die den kantonalen GAV und die Arbeitsbedingungen der Lehrerschaft aufs Korn nähmen.

Auf verhaltene Reaktionen stiess das Referat von Prof. Markus Neuenschwander von der Pädagogischen Hochschule FHNW in Solothurn über die Möglichkeiten der Lehrerschaft gegenüber «sozial abweichendem Schülerverhalten». Dagmar Rösler stellte trocken fest, alle vorgestellten Massnahmen seien in den Solothurner Schulhäusern gang und gäbe. Auf ungeteilte Begeisterung stiess dafür der umwerfende Auftritt der jungen Ostschweizer Slam-Poetin Lara Stoll: Das tausendköpfige Solothurner Lehrerpublikum in der Oltner Stadthalle lachte Tränen.