Bräuche und Traditionen haben ihr Gutes

Bräuche und Traditionen haben ihr Gutes

Die Advents- und Weihnachtszeit ist eine besondere, eine schöne Zeit. Doch angesichts der verbreiteten Kritik an Kitsch und Kommerz rund um das Weihnachtsfest ist es nicht mehr selbstverständlich, sich zur weihnachtlichen Vorfreude zu bekennen. Während für gläubige Christen der religiöse Inhalt des Festes im Zentrum steht, gibt es zahlreiche Bräuche und Traditionen, die über die christliche Sphäre hinausgehen und auch Anders- und Nichtgläubige erreichen.

Geschenke, Festessen, Lieder, Kränze und Tannenbaum – die Advents- und Weihnachtszeit kennt ein reiches Brauchtum. Ein Blick auf die jeweilige Entstehungsgeschichte dieser Gebräuche zeigt, dass deren Ursprünge oft in der Antike liegen. Manchmal standen am Anfang eines heute liebgewonnenen Brauches sogar Verbote. So beispielsweise beim Weihnachtsbaum, gegen dessen Gebrauch im Jahr 1804 in Schwaben ein „Christbaum-Verbot“ erlassen wurde: „Auf die erhaltene Anzeige von der (…) Gewohnheit, den Kindern auf das Weihnachtsfest Christbäume aufzustellen, hat man sich veranlaßt gefunden, diesen, der Forstkultur so nachtheiligen und ganz zweklosen Mißbrauch abzustellen.“

Verstösse gegen das Verbot des Kürfürsten von Bayern wurden zwar mit Geld- oder Leibesstrafen geahndet, doch vermochten diese den Siegeszug des Christbaums nicht aufzuhalten. Gut so. Denn die Gesamtheit der vielfältigen Advents- und Weihnachtsbräuche bremsen einmal im Jahr die Dynamik des Zeitgeistes, den eng getakteten Geschäfts- und Alltagsrhythmus sowie die digitale Durchdringung aller Lebensbereiche etwas ab. Und ein weiterer schöner Brauch ist es, am Ende des Jahres zu danken, und zwar Ihnen allen für Ihren Einsatz zu Gunsten von Bildung, Kultur und Sport in unserem Kanton. Herzlichen Dank! Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen besinnliche Weihnachtstage und einen glücklichen Start ins neue Jahr.

Lernen aus der Vergangenheit

Lernen aus der Vergangenheit

Hammerschmiede, August Cueni

Früher war alles besser. Ob dem wirklich so ist, lässt sich nachprüfen: Die Tage des Europäischen Denkmals am 10. und 11. September 2022 erlauben Einblicke in vergangene Gesellschaften – zum Beispiel mit einem Besuch der Hammerschmiede in Beinwil. Die ehemalige Klosterschmiede liegt am Ufer der Lüssel. Neben der Muskelkraft des Schmiedes war dieser Bach während Jahrhunderten die einzige Energiequelle, um das Metall bearbeiten zu können. Das grössere der beiden Wasserräder treibt einen grossen Schmiedehammer und einen Schleifstein an. Das kleine Rad hält für Glut in der Kohle einen Blasebalg in Bewegung. Bis um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert diente das Gebäude gleichzeitig als Arbeits- und Wohnort. Im Erdgeschoss befand sich die Werkstatt und der Platz für eine Kuh, die Milch für den Eigenbedarf lieferte. Im ersten Stock lebte die Familie des Schmiedes – um 1874 waren das zwei Erwachsene und zehn Kinder – auf einer Fläche von rund 40 Quadratmetern. Und schliesslich beherbergte das Dachgeschoss einen Heustock.

Auch wenn es gerade mal vier, fünf Generationen her ist, ist uns die Lebensweise dieser Menschen im ländlichen Lüsseltal fremd geworden. Damit wir unseren gewohnt hohen Lebensstandard aufrechterhalten können, wird eine grosse Menge an Energie benötigt. Energie, die uns in den vergangenen Jahrzehnten unbeschränkt zur Verfügung stand – scheinbar. Diese Gewissheit ist innert kurzer Zeit jäh zerbröselt. Vermutlich entsprach sie bereits vor dem Krieg in der Ukraine mehr einer Illusion als der Realität, doch nun ist die prekäre Situation auf einmal offensichtlich geworden.

Als Reaktion auf die düsteren Szenarien wird nun der Appell fürs Stromsparen laut. Damit im Winter die Lichter nicht ausgehen, soll mit freiwilligen Massnahmen der Energieverbrauch reduziert werden. Die Energie ist ein knappes Gut, weshalb sie nicht verschwendet werden darf. Deshalb müssen wir nach Jahren vermeintlich unbegrenzter Energie wieder lernen, dass eine ausreichende Energieversorgung nicht garantiert ist. Mit dieser Erkenntnis sind unbequeme Entscheidungen verbunden. Optimistisch stimmt ein Blick auf die Lebensumstände vergangener Zeiten: Mit Fleiss, Geschick und Innovationsfreude haben es auch unsere Vorfahren weit gebracht. Diese Feststellung gibt uns Zuversicht für die Aufgaben, die wir zu lösen haben.

Der Mensch, das «unbehauste» Wesen

Der Mensch, das «unbehauste» Wesen

Rosengarten Himmel, Fabian Gressly

Ich habe mein Büro geräumt und das Rathaus verlassen. Gleichwohl stehe ich nicht auf der Strasse, sondern bin bloss umgezogen. Das Departement für Bildung und Kultur (DBK) zügelt mit sämtlichen Mitarbeitenden über den Sommer in die sanierte Liegenschaft «Rosengarten» am Dornacherplatz in Solothurn. Das moderne Bürogebäude ist keine futuristische Lösung, doch öffnen sich für die Verwaltung neue Wege für modernes, flexibles und an die Zukunft anpassbares Arbeiten. Im Rosengarten hat das Departement einen neuen Standort gefunden, von dem aus sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Themenbereiche Bildung, Kultur und Sport engagieren werden. Das frisch bezogene Gebäude ist eine gesicherte «Homebase» für unser Wirken und Schaffen zugunsten der Bevölkerung des Kantons Solothurn.

Die Welt dagegen ist in den vergangenen Jahren spürbar unsicherer geworden. Krisenhafte Ereignisse, die wir täglich zur Kenntnis nehmen müssen, setzen uns zu. Die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die Klima- und Umweltfragen beschäftigen uns in unserem beruflichen und privaten Leben und untergraben seit langem gültige Überzeugungen. Deshalb stimmten die Aussichten für die Zukunft auch schon optimistischer, als sie es derzeit tun. Verlorene Gewissheiten verhindern, dass wir uns wohlig und guten Gewissens in unserem friedlichen und wohlhabenden Land einrichten können. Der Mensch bleibt ein unruhiges und umgetriebenes, ein «unbehaustes» Wesen, auch wenn es Phasen gibt, in denen diese Tatsache ein wenig in Vergessenheit gerät.

Es stellt sich die Frage nach der «richtigen» Reaktion auf die neuen Unsicherheiten, die uns fordern. Ich bin überzeugt, dass wir uns auf unsere Stärken konzentrieren müssen. Wir besitzen in unserem Land und in unserem Kanton Werte, die es zu verteidigen gilt. Die freiheitlich und solidarisch verfasste Gesellschaft, die demokratische Mitbestimmung und die Rechtsstaatlichkeit bilden das entscheidende Fundament für eine weiterhin erfolgreiche Zukunft unseres Landes. Doch können sehr gute, prosperierende Zeiten zur Folge haben, dass die Sorglosigkeit zunimmt und fundamentale Werte vernachlässigt werden. Es lohnt sich deshalb, die Krisenzeit zu nutzen, um Gegensteuer zu geben. Als Einwohner des Kantons Solothurn und der Schweiz bin ich dankbar, in einem friedlichen und wohlhabenden Land leben zu dürfen. Jeder und jede kann dazu beitragen, dass wir diese hohe Lebensqualität bewahren können. Gelingt uns das, sind wir nicht unbehauste Menschen, sondern Menschen, die beheimatet sind und in Gemeinschaft(en) leben. Wir suchen Gemeinschaft und wir bilden eine Gemeinschaft.

Am Feierabend über den Passwang

Am Feierabend über den Passwang

Rosa Wiggli, Passwang, 1980
Kunstsammlung Kanton Solothurn

«Heimat» geht nur gemeinsam

Heimat ist ein facettenreicher Begriff, ihn inhaltlich zu definieren kein einfaches Unterfangen. Bei mir beispielsweise kommen heimatliche Gefühle auf, wenn ich nach Feierabend von Solothurn nach Beinwil über den Passwang nach Hause fahre. Der Blick auf die Serpentinen der Strasse und die grünen Jurahöhen ist prächtig und präsentiert sich je nach Wetter und Jahreszeit immer wieder neu und anders. Albin Fringeli, der bekannte Dichter aus dem Schwarzbubenland, beschrieb die Landschaft, die ihm Lebensmittelpunkt war, einst mit den Worten:

„Blaui Bärge, tiefi Chräche,
In der Mitti wyti Fäld;
A de Hübel geechi Matte –
Das isch öisi Chlyni Wält.“

Albin Fringeli

Heimat bedeutet Geborgenheit. Heimat von einem Tag auf den andern zu verlieren, stellt unsere Existenz in Frage. Diese tiefgreifende Erfahrung machen aktuell jene Menschen, die als Flüchtlinge aus ihrer ukrainischen Heimat fliehen müssen. Sie suchen Schutz – auch bei uns.

Der preussische Militärwissenschaftler und Major Carl von Clausewitz hatte anfangs 19. Jahrhundert den Satz geprägt: «Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.» Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat diese pointierte Aussage neue Aktualität erhalten. Das ist eine bedauerliche und unheilvolle Entwicklung.

Ein Blick in die Geschichtsbücher des europäischen Kontinents lehrt uns, dass es gerade die zentrale Aufgabe der Politik wäre, Krieg zu verhindern. Mit politischen Diskussionen und definierten Entscheidungsprozessen müssen wir versuchen, in den wesentlichen Bereichen der Gesellschaft für ausgewogene Verhältnisse zu sorgen. So kommt denn auch in der Verfassung des Kantons Solothurn der Begriff «ausgewogen» mehrfach vor. In den entsprechenden Verfassungsartikeln geht es darum, eine ausgewogene Nutzung des Bodens, eine ausgewogene Entwicklung der Wirtschaft sowie ausgewogene Verhältnisse in der Steuerbelastung der Gemeinden anzustreben.

Ausgewogenheit liegt nicht ein für alle Mal vor, wir müssen sie immer wieder neu suchen und finden, indem die vielfältigen Interessen austariert und tragfähige Lösungen gefunden werden. Aus diesem Grund ist es höchst schädlich, wenn Eigenschaften wie Kompromissfähigkeit und Kompromissbereitschaft in der Politik als Profillosigkeit diskreditiert werden. Denn gerade diese Qualitäten sind unabdingbar dafür, dass mit politischen Prozessen mehrheitsfähige und ausgewogene Lösungen erarbeitet und erstritten werden können.

Zeit, Brücken zu bauen

Zeit, Brücken zu bauen

Als Landammann geniesst man ein paar wenige Privilegien. Festzulegen, vor welchem Hintergrund sich der Solothurner Regierungsrat für das offizielle Foto abbilden lässt, ist eines davon. Für das Schloss Waldegg habe ich mich entschieden, weil das Schloss Waldegg seit 1991 als Begegnungszentrum dient: für Begegnungen zwischen sozialen Gruppen und Sprachregionen. Diese Nutzung ist eng mit dem Umstand verknüpft, dass der Kanton Solothurn sich als Mittler zwischen den Sprach- und Kulturgemeinschaften der Schweiz versteht. Eine Rolle, die eine Art Erbe des Ancien Régimes ist: Die Stadt Solothurn war von 1530 bis 1792 Sitz der französischen Ambassadoren.

Dass sich der Kanton Solothurn dank dieser Mittlerfunktion das Etikett «Brückenbauer» anheftet, ist jedoch nicht ein blosses politisches Lippenbekenntnis mit historischem Hintergrund. In Artikel 2 der Kantonsverfassung haben wir diese Aufgabe explizit zu unserer Verpflichtung gemacht. Und wie die letzten beiden, von der Covid-19-Pandemie geprägten Jahre gezeigt haben, ist es wichtiger denn je, dass wir dieser Verpflichtung nachkommen, indem wir alles daran setzen, um divergierende gesellschaftliche Kräfte zusammenzuhalten und gegenseitigen Respekt einzufordern.

Auch innerhalb einer Regierung sind nicht immer alle gleicher Meinung. Das liegt in der Natur der Sache – und ist gut so; weil Neues, Kreatives und letztlich nachhaltig Bleibendes häufiger aus der Auseinandersetzung mit verschiedenen Meinungen entsteht als auf dem Boden sorgenfreier Harmonie.

Zu den Pflichten einer Regierung gehört darum, dass sie sich mit unterschiedlichen Meinungen und Haltungen auseinandersetzt. Dass sie intern vorhandene und auch von aussen eingebrachte Standpunkte aufnimmt, diskutiert, abwägt und schliesslich zum Wohle der gesamten Bevölkerung Entscheidungen trifft. Die Regierung ist also, im weiteren Sinne, ebenfalls ein «Brückenbauer»: nämlich zwischen der Politik und der Gesellschaft.

Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, wie gut Gremien in der Lage sind, einen gemeinsamen Weg zu finden – oder besser: eine solchen erarbeiten können. Die Besinnung auf das Verbindende ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Die Mitglieder des Solothurner Regierungsrats erfüllen sie. Im Wissen darum, dass tragfähigen Lösungen stets ein Geben und Nehmen zugrunde liegt – und dass das Zusammensitzen und Zusammenstehen, wie auf dem Bild, immer ein Anfang dazu ist.

Freiheit und Verantwortung

Unsere Gesellschaft und Wirtschaft werden durch die Pandemie herausgefordert, um so wichtiger sind deshalb Werte wie Freiheit und Verantwortung. Der Einsatz für unseren Kanton, für eine qualitativ gute Aus- und Weiterbildung, für ein reiches und bereicherndes Kulturleben sowie für ein attraktives Sportangebot ist gerade jetzt enorm wichtig.