Seit bald 160 Jahren bereichert die Töpfergesellschaft Solothurn das kulturelle Leben in Solothurn mit interessanten Vorträgen und Lesungen aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Literatur. Dies wird auch in dieser Wintersaison so sein, wie der gegenwärtige Altgeselle Peter Keller festhält. In fünf Vorträgen im Salon Rouge des Museums Blumensteins gibt die Gesellschaft der jungen Dramaturgin Maria Ursprung, dem Physiker Dieter Bedenig, der Autorin und Gewinnerin des diesjährigen kantonalen Förderpreises, Regula Portilla, sowie Bischof Felix Gmür das Wort. Alle vier Referenten haben einen Bezug zu Solothurn. Sie sind entweder hier geboren oder leben hier. Die Vorträge finden jeweils am Mittwoch um 19.30 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, «damit die Veranstaltung auch für Leute mit schmalem Budget möglich ist», betont Altgeselle Keller.

Das «Totengericht» danach

Gegründet wurde die Töpfergesellschaft 1857 von zehn Männern, die der Einladung des radikal-liberalen Landammanns Wilhelm Vigier folgten. Geplant waren wie heute noch Abend-Vorlesungen im Winterhalbjahr über verschiedene wissenschaftliche Gegenstände, wobei bildungsidealistische Ziele im Vordergrund standen. Als Vorlesungsort stellte die Kantonsregierung den Gründern den St. Ursensaal im ersten Stock des Rathauses unentgeltlich zur Verfügung. «Beheizt und beleuchtet», wie ein Berichterstatter damals löblich feststellte. Für die kritische Auseinandersetzung mit der Vorlesung begab sich ein kleiner Kreis mit dem Referenten in das nahe gelegene Hotel Krone, wo die gebildeten Personen das Gehörte diskutierten. Das sogenannte Totengericht lehnte sich an das antike Totengericht der Unterwelt. «Anstelle von diesem offerieren wir heute einen kleinen Apéro im Museum Blumenstein, an dem auch das breite Publikum teilnehmen kann», hält Keller weiter fest.

Test für die Toleranz

Wer zurückblickt, stellt fest, dass der von Verfassungsfragen und religiösen Differenzen begleitete Kulturkampf auch an der Töpfergesellschaft nicht spurlos vorbei ging, Die bisher geübte Toleranz geriet ins Wanken, und die zunehmenden Meinungsverschiedenheiten forderten auch unter den Töpfergesellen ihre Opfer.

Als sich Gräben öffneten

Beim Kulturkampf setzte auch Regierungsrat Remo Ankli an, der als Erster die Töpfersaison eröffnete. «Im 19. Jahrhundert kämpften die Liberalen und Konservativen nebst anderem auch um die Deutungshoheit des schulischen Unterrichts», begann der Historiker Ankliseinen Vortrag, der dem Thema «Kampfzone Schule – damals wie heute» gewidmet war. Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen dem liberal regierten Staat und der konservativ-katholischen Opposition sei auch die Einsitznahme der Pfarrer in den örtlichen und regionalen Schulkommissionen infrage gestellt worden. «In diesem Streit wurden die zu den treusten und aktivsten Anhängern der Liberalen gehörenden Lehrer und die Pfarrer zu Konkurrenten», erinnerte Anklian die Bemühungen, den Einfluss der Geistlichen auf die Schule und Bildung zurückzudrängen und folgerte: «Im 19. Jahrhundert war die Schule eine Kampfzone, innerhalb derer Liberale und Konservative ihre Streitigkeiten ausfochten.» Auch heute sei die Schule wieder zu einem Kampfthema geworden, «Während die einen nach einer höheren Maturitätsquote und mehr Akademikern rufen, suchen andere das bildungspolitische Heil eher in der Schule von früher und lehnen die Harmonisierung ab» so Ankli. Zurzeit gelte es aber, die bereits eingeführten Reformen zu festigen und das Erreichte zu konsolidieren.

In der anschliessenden Diskussion musste sich der Bildungsdirektor Fragen zu den mangelnden Deutschkenntnissen von Immigranten und der zunehmenden Bürokratisierung des Schulwesens stellen.